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©Foto von Roman Kraft auf Unsplash

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Sparen zulasten von Eltern und Kindern?

Träger von Mutter-Kind-Kliniken sind empört

Wer in den vergangenen Jahren eine stationäre Vorsorgeleistung für Mütter oder Väter – auch als Mutter-Kind-Kur bekannt - in Anspruch genommen hat, weiß: Das ist weder Wellness noch Urlaub. Eltern und pflegende Angehörige, die der Spagat zwischen Haushalt, Beruf, Kindererziehung und Pflege ans Limit treibt, finden in den Vorsorgekliniken oftmals einen Rettungsanker. Nämlich dann, wenn die täglichen Hausforderungen des Familienalltags zu ersten gesundheitlichen Problemen führen. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat die Kuren in einem Interview am vergangenen Mittwoch in Frage gestellt und damit Proteste ausgelöst.

„Die positiven Effekte der Maßnahmen sind wissenschaftlich nachgewiesen: Die Analyse von Krankenkassendaten zeigt, dass die Einnahme von Medikamenten nach einer Mutter- oder Vater-Kind-Kur reduziert wird. Symptome psychischer Belastung nehmen deutlich ab und das körperliche Wohlbefinden steigt während des Aufenthaltes in der Klinik. Der Bedarf ist groß: Etwa 170.000 Anträge bewilligten die Krankenkassen 2023. Derzeit müssen belastete Eltern etwa ein Jahr lang auf einen Platz in einer Vorsorgeklinik warten. Unter diesen Gesichtspunkten lehnen wir den Vorstoß von Andreas Gassen ab, die maroden Krankenkassen ausgerechnet durch Streichung dieser wichtigen Kurmaßnahmen zu sanieren“, so Andreas Frank, Geschäftsführer der AWO aktiv und gesund.

Die AWO-Tochter betreibt sechs Kurkliniken, in denen jedes Jahr rund 10.000 Patientinnen auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung zu Gast sind, um neue Kräfte für den Alltag zu sammeln. Ein Team aus ärztlichen, psychologischen und therapeutischen Fachkräften unterstützt die Mütter, Väter und Pflegende dabei, Strategien gegen den Stress zu lernen. Darüber hinaus stehen gesunde Ernährung, Erziehungsberatung und jede Menge Bewegung auf dem Therapieplan.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hatte in einem Interview gesagt, dass Mutter-Kind-Kuren als Leistung der Krankenkassen „nice to have“ seien, jedoch mit der Versorgung von Kranken nichts zu tun hätten. Damit die Beiträge der Krankenkassen nicht weiter steigen, müssen jährlich Milliarden eingespart werden. Im Herbst wird die Bundesregierung eine Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine nachhaltige Reform der GKV-Finanzen einberufen. Als Reaktion auf den Artikel wurde sich auf politischer Ebene fraktionsübergreifend für den Erhalt der stationären Vorsorgeleistungen für Eltern, Kinder und Pflegende ausgesprochen. Auch Kassenvertreter*innen wollen an den Kuren festhalten.

Angesichts der Zunahme von Stressempfinden und psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung und insbesondere bei Eltern, pflegenden Angehörigen, Kindern und Jugendlichen sei der Vorschlag kaum nachvollziehbar, so Frank. „Wer an der Prävention spart, zahlt hinterher bei der Heilbehandlung und Rehabilitation drauf“. Übrigens: An den GKV-Ausgaben 2024 hatten Kurmaßnahmen für Mütter, Väter und Pflegende Angehörige einen Anteil von weniger als einem Prozent. Zum Vergleich: Medikamente und Arzneimittel liegen laut Statistischem Bundesamt bei 17,6 %, die ärztliche Behandlung bei 16 % und Krankenhausbehandlungen bei 32,7 %.

Die AWO spricht sich seit Jahren für eine Bürgerversicherung aus, in die jeder einzahlt – auch Beamte und Selbstständige. „Dies wäre ein zielführender Beitrag zur Entspannung der finanziellen Lage der Krankenkassen. Der Vorschlag von Andreas Gassen ist dagegen aktionistisch und nicht zu Ende gedacht. Präventionsmaßnahmen verhindern langfristig Kosten und sind deshalb eine wichtige Säule unseres Gesundheitssystems.“

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