NRW bleib sozial! Uns steht das Wasser bis zum Hals

19.12.2023

Weite Teile der sozialen Infrastruktur in NRW stehen mit dem Rücken an der Wand, die Lage in den Einrichtungen und Diensten quer über alle Handlungsfelder ist dramatisch. Von Kita und OGS über Pflege bis zu Präventionsangeboten: Personalmangel und finanzielle Unterausstattung führen zu Reduzierung und Schließung von Angeboten. In der Landespressekonferenz haben Freie Wohlfahrtspflege NRW und Landeselternbeirat NRW heute kurzfristige Maßnahmen von der Landesregierung gefordert. Bereits im Herbst hatten die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege die Initiative „NRW bleib sozial!“ angestoßen, der Landeselternbeirat zählt zu den mittlerweile 238 Unterstützer-Organisationen. Es folgten im Zuge dieser Kampagne die größten Sozialproteste in Nordrhein-Westfalen seit Jahrzehnten, mit allein 25.000 Menschen vor dem Landtag am 19. Oktober und zahlreichen weiteren regionalen Aktionen. Doch eine Reaktion der Politik blieb bisher aus.

Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW: „Die soziale Infrastruktur in NRW steckt in einer bedrohlichen Krise und von der Landespolitik kommen nichts als warme Worte. Finanzielle Defizite und Personalmangel werden zu weiter reduzierten Öffnungszeiten und Schließungen von Einrichtungen führen, wenn nicht endlich politisch gegengesteuert wird. 25.000 Menschen haben vor dem Landtag demonstriert, zahlreiche Aktionen vor Ort folgten – doch die politische Reaktion? Fehlanzeige. Statt konkreter Maßnahmen führt die Haushaltsplanung 2024 die Verwaltung des Mangels in der Soziallandschaft weiter. Wir befürchten, dass viele Einrichtungen ihre Dienste unter diesen Bedingungen einstellen müssen. Uns steht das Wasser bis zum Hals!“

Was bedeutet das für Kinder und Familien in NRW? Daniela Heimann, Vorstand des Landeselternbeirats NRW, zur Situation der Kindertageseinrichtungen in NRW: „Der anhaltende Fachkräftemangel stellt das gesamte Kita-System vor enorme Herausforderungen. Das führt dazu, dass Eltern ihren eigenen Verpflichtungen im Alltag nicht mehr verlässlich nachkommen können. Es sind daher kurzfristige Maßnahmen nötig, um die Situation zu entschärfen und das System zu stabilisieren. Damit kann nicht bis zu einer Gesetzesreform im Jahr 2026 gewartet werden. Nur wenn die Kindertagesbetreuung jetzt finanziell unterstützt wird, sichern wir allen Kindern in NRW ein chancengerechtes Aufwachsen und eine gleichberechtigte Teilhabe zu."

Dramatisch sieht es beispielsweise auch im Offenen Ganztag aus. Linda Jaskowiak, verantwortliche pädagogische Fachkraft der Offenen Ganztagsschule Horstschule in Herne (AWO Ruhr-Mitte): „Ich finde es den Eltern gegenüber absolut enttäuschend, ihnen keine klare Perspektive aufzeigen zu können. Die Mehrheit der Eltern möchte Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren können. Dazu gehört auch die Offene Ganztagsbetreuung. Ohne Richtlinien durch die Politik in Sachen Finanzierung und inhaltlicher Ausrichtung bleibt uns aber nichts anderes übrig, als Eltern immer wieder zu vertrösten. Das ist zermürbend für die Eltern, denen wir Stand heute noch nicht einmal sagen können, wie viele Kinder wir im neuen Schuljahr tatsächlich betreuen werden. Das ist aber auch eine furchtbare Situation für alle Kolleginnen und Kollegen, deren Arbeitsplätze erheblich auf der Kippe stehen. Für den Rechtsanspruch 2026 sehe ich schwarz.“

Weitere Informationen:
NRW bleib sozial!
Mangelverwaltung gehört seit Jahren zum traurigen Alltag im sozialen Bereich, nun ist der Kipppunkt erreicht. In dieser dramatischen Lage macht die Freie Wohlfahrtspflege NRW mit der Initiative „NRW bleib sozial!“ aufmerksam auf die dringenden Probleme und fordert die Politik auf, sich für eine umfassende Verbesserung der Situation der sozialen Träger einzusetzen. Der Aufruf für ein soziales Nordrhein-Westfalen, die Liste der Unterstützer-Organisationen und alle Motive zum Download sind online verfügbar.
www.nrw-bleib-sozial.de

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