Die Arbeiterwohlfahrt äußert sich kritisch zum heute im Bundeskabinett beschlossenen Entwurf für die Pflegereform. Das Konzept bleibe deutlich hinter den im Koalitionsvertrag vereinbarten Plänen zurück und sei ungeeignet, die Krise der Pflege abzumildern. Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner:
„Der heutige Entwurf begegnet dem bevorstehenden Kollaps der Pflege in Deutschland mit bestenfalls homöopathischen Konzepten. Wenn ein Schiff ein großes Leck hat, bewahrt man es nicht vor dem Kentern, indem man hier und da ein paar Eimer Wasser von links nach rechts schippt. Genau das passiert aber gerade: Die beschlossenen Maßnahmen werden die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung zwar für ein paar Monate sichern, aber dann stellt sich das Problem erneut und unverändert. Weder ist vorgesehen, den durch die Belastungen der Corona-Pandemie entstandenen zusätzlichen Finanzbedarf der Pflegekassen durch Steuermittel auszugleichen, noch werden die Pflegekassen von versicherungsfremden Leistungen wie der Übernahme der Rentenbeiträge pflegender Angehöriger entlastet. Die vorgesehenen Maßnahmen, wie zum Beispiel die Aufschiebung der Überweisung an den Pflegevorsorgefonds, sichern die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung zwar für ein paar Monate, aber eine langfristige, nachhaltige Lösung sieht der Entwurf nicht vor.“
Die neue Ankündigung, zum 31. Mai 2024 Empfehlungen für eine stabile und dauerhafte Finanzierung der Pflegeversicherung vorzulegen, kommt deutlich zu spät. Dass dabei besonders die Ausgabenseite unter Einbeziehung u. a. des Finanzministeriums betrachtet werden soll, lässt für pflegebedürftige Menschen nichts gut erahnen.
Die AWO hat bereits im Februar mit ihrer Resolution zur Rettung der Pflege auf diese Situation aufmerksam gemacht (https://awo.org/sites/default/files/2023-02/Resolution_Rettet die Pflege_Bundesausschuss_AWO_2023.pdf). Der Verband kritisiert außerdem, dass ein Großteil der Kosten weiterhin allein durch Pflegebedürftige und deren Angehörige getragen werden müssten. Dazu Sonnenholzner: „Kostensteigerungen in der Pflege sind unausweichlich. Da aber auch im neuen Entwurf die Eigenanteile nicht nennenswert gedeckelt werden, werden die Steigerungen größtenteils auf diese Eigenanteile durchschlagen. Darüber kann auch die geplante Anhebung der Zuschüsse zu den Eigenanteilen nicht hinwegtäuschen.“
Auch die Regelung zu Begrenzung der Leiharbeit sieht die AWO nicht als geeignet, um die Situation in der Pflege zu verbessern. „Leiharbeit und deren Kosten zu begrenzen ist zwar richtig, allein, die vorgeschlagenen Maßnahmen setzen hier beim Falschen an: den Pflegeeinrichtungen und -diensten“, so Sonnenholzner, „Wenn zum Ausgleich von Arbeitsspitzen und -ausfällen Leiharbeit nicht mehr vollumfänglich über die Pflegesätze refinanzierbar ist, bleibt als Alternative nur die Einschränkung der Leistungen. Zielführender wäre es, bei den Leiharbeitsformen anzusetzen und Preise, Gebühren und Einsatzzeiten dort zu begrenzen. Alles in allem wird dieses Gesetz die Probleme in der Pflege nicht lösen, sondern nur verschieben – und das auf Kosten der Menschen, die pflegen oder pflegebedürftig sind.“