Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt

18.08.2009

Am Anfang war die Not: Das Deutsche Reich liegt nach dem ersten Weltkrieg am Boden, ist politisch instabil, wirtschaftlich und sozial ruiniert. Millionen Menschen leben in Armut, eine bisher in diesem Ausmaß nie dagewesene Massenverelendung ruft eine starke Frau auf den Plan: Marie Juchacz (1879 - 1956) gründet am 13. Dezember 1919 den Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt in der SPD. Das ist die Geburtsstunde der AWO, heute ist sie also 90 Jahre alt.

Freie Wahlen 1919 haben es überhaupt erst möglich gemacht, dass auch Frauen wie Marie Juchacz in den Parlamenten vertreten sind. Die Idee zu einer Arbeiterwohlfahrt ist eindeutig mit dem politischen Ziel verbunden, die unterdrückte Armenpflege des alten Kaiserregimes anzulösen. Selbsthilfe und Solidarität sollten stattdessen die Säulen bilden für eine moderne Wohlfahrtspflege. Die AWO ist ein Ergebnis der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung im Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert. An ihrer politischen Ausrichtung hat sich bis heute nichts geändert: Die Mitglieder treten für soziale Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt ein. Ziel der AWO war es immer, die Not der Menschen zu lindern und vorbeugend einzugreifen. „Hilfe zur Selbsthilfe" gilt bis heute als Maxime. Die AWO verstand sich immer als Anwalt für die Armen und politische Interessensvertretung. 1926 erfolgte die Anerkennung als Reichsspitzenverband der freien Wohlfahrtspflege.

Über 20 Millionen Menschen in Deutschland waren in der Zeit auf Hilfen der Wohlfahrtspflege angewiesen, 6,7 Millionen Menschen befanden sich auf Arbeitssuche. Nähstuben, Mittagstische, Werkstätten, Beratungsstellen - vieles an Diensten und Einrichtungen, was in den Notzeiten der 20er Jahre aufgebaut wurde, hat auch heute noch als Angebot Bestand. 1931 waren 135.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer für die AWO im Einsatz.
Kindererholung, Kinderschutz, Altenbetreuung und Jugendhilfe gehörten zu ihren Aufgaben. Die AWO ist heute einer der großen gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände in Deutschland. Das sind die Fakten:

  • Mitgliederverband mit 450.000 persönlichen Mitgliedern
  • Sozialunternehmen mit fast 15.000 Einrichtungen und Diensten mit rund 180.000 Beschäftigten
  • Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege und Vertreter sozialpolitischer Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern in Deutschland.

Die AWO, ein moderner Wohlfahrtsverband, gefestigt durch Selbsthilfe und Solidarität, ist allerorts präsent und gesellschaftlich auf der Höhe, wenn es um Bereiche wie Kinder & Jugend, Familie, Migration, Senioren, Gesundheit, Menschen mit Behinderung, Beratung & Hilfe und Beschäftigung geht.

Die AWO ist auf allen Feldern der sozialen Arbeit tätig. Große unternehmerische Schwerpunkte sind

  • Die Altenpflege mit ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen
  • Die Kinder- und Jugendhilfe mit Kindergärten und Beratungsangeboten
  • Die Behindertenhilfe mit Werkstätten und Wohnstätten.

Die Sozialarbeit der AWO ist zeitgemäß und zukunftsweisend. Der soziale Rechtsstaat, wie ihn die AWO immer angestrebt hat, hat unverkennbare Konturen bekommen.

Dennoch: Die AWO drängt weiter auf Reformen und Veränderungen in der Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik, Rechtsansprüche der Menschen müssen in Gesetzen Niederschlag finden. Die sozialrechtliche Sicherung des Pflegefallrisikos ist bereits ein positives Beispiel. Die Weltwirtschaftskrise und der globale Umbruch fordern neue Anstrengungen für den Sozialstaat und die Wohlfahrtspflege geradezu heraus. Die AWO ist gut aufgestellt, auf ihre haupt- und ehrenamtlichen Kräfte ist Verlass. Diese Mitarbeiter sind der Garant für gut funktionierende soziale Arbeit und solidarische Hilfe. Die AWO wird aber öffentliche Aufgaben verstärkt nur übernehmen können, wenn deren Finanzierungen in höherem Umfang als bisher durch öffentliche Mittel gedeckt sind. Die AWO - sozial engagiert und nah an den Mitgliedern organisiert - muss sich intensiver wirtschaftlich ausrichten, um zukunftsfähig zu bleiben.

„Die Arbeiterwohlfahrt ist seit 1919 eine der großen sozialen Bewegungen in Deutschland und fest verankert bei den Menschen", sagt Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident des Landes NRW. „Bewegung" ist das Schlagwort - denn Stillstand kann sich ein Wohlfahrtsverband nicht leisten. Die AWO wird sich weiter aktiv mit eigenen Ideen und Reformvorschlägen in den gesellschaftlichen Diskussionsprozess einschalten und an der Zukunftsfähigkeit des
Sozialstaates mitwirken.

Wer arbeitet, darf sich auch ausruhen: In diesem Sommer wird gefeiert. Die Revierstadt Dortmund steht im Mittelpunkt eines großen Festes am Freitag, 21. August, und Samstag, 22. August. Aus der ganzen Bundesrepublik reisen Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, Mitglieder und Freunde an.

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