Zum Europäischen Tag der pflegenden Angehörigen am 6. Oktober fordert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag 2021 vereinbarten Vorhaben zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf endlich umzusetzen. Vor allem braucht es eine Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten und die Ausweitung und Flexibilisierung der Familienpflegezeit. Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat hierfür bereits 2022 ein konkretes Modell vorgelegt und Handlungsempfehlungen formuliert.
Dazu erklärt AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner: „Im Koalitionsvertrag 2021 waren gute Ansätze zur Unterstützung und Entlastung erwerbstätiger pflegender Angehöriger vorgesehen. Passiert ist seit drei Jahren nichts. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung bei einem so wichtigen Vorhaben des Koalitionsvertrages einfach untätig bleibt und die pflegenden Angehörigen im Stich lässt. Denn gerade mit Blick auf die steigende Anzahl an Pflegebedürftigen, die zu Hause von ihren Angehörigen versorgt werden, sind die zugesagten finanziellen und zeitlichen Unterstützungsmaßnahmen gleichermaßen unerlässlich.“
Von derzeit 4,1 Mio. pflegebedürftigen Menschen werden 3,3 Millionen zu Hause versorgt, davon wird bei 2,1 Millionen Pflegebedürftigen die Pflege allein durch Angehörige übernommen. Damit sind pflegende Angehörige – zumeist Frauen – eine tragende Säule der pflegerischen Versorgung in Deutschland: Ohne sie würde das Pflegesystem unmittelbar zusammenbrechen. Auch europaweit werden viele Menschen zu Hause von ihren meist weiblichen Angehörigen gepflegt. Die Europäische Kommission schätzt, dass fast 8 Millionen Frauen in der EU aufgrund unbezahlter Pflege- und Betreuungstätigkeit nicht berufstätig sein können. Pflegende Angehörige sind dabei auch in Deutschland häufig besonderen und zum Teil existenziellen Belastungen ausgesetzt und von Armut bedroht.