Eindrucksvoll fanden die AWO-Mitarbeiterinnen aus dem Unterbezirk Hamm-Warendorf den Empfang im Kanzleramt. Maria Bomba, Ingrid Winkelkötter und Claudia Keeve gehörten zu den 26 AWO-Vertretern von insgesamt rund 150 hauptamtlichen Mitarbeitern der Wohlfahrtsverbände, die mit Kindern und Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen arbeiten, die am 30. April ins Kanzleramt geladen waren.
Mit der Einladung wollte die Bundeskanzlerin diejenigen in den Fokus rücken, die an der Basis wertvolle Arbeit leisten und eine bedeutende Stütze für das deutsche Sozialsystem sind.
Die drei AWO-Frauen wussten es zu schätzen: "Die Kanzlerin hat sich persönlich gut und sogar mit Humor dargestellt", sagten sie bei dem anschließenden Imbiss im Gespräch mit AWO-Bundesvorstand Rainer Brückers. "Ich finde die Wertschätzung unserer Arbeit gut, das kommt ja nicht so oft vor", betonten sie. "Klar kann man in so einem Rahmen nicht in die Tiefe diskutieren - aber wir sind ja wirklich aus der Praxis und nicht in Führungspositionen und wir konnten einiges mal ansprechen."
"Gemeinsam geht's - Profis helfen Kinder und Eltern", war die Überschrift der knapp einstündigen Podiumsdiskussion mit der Kanzlerin. Sie räumte ein: "Die politischen Parteien - meine nicht zuerst - haben herausgefunden, dass es nicht so einfach ist, dass fleißige und strebsame Familien alles alleine schaffen." Sie habe den Eindruck, dass generell vielleicht zu schnell an den Kindern gearbeitet wird und zu wenig auf die Eltern geschaut wird, wobei sie schnell präzisierte, "...nicht, dass es jetzt heißt, die kommt aus dem Osten und will jede Haustür aufreißen - aber vielleicht übertreiben wir Deutschen die Hütung unserer Privatsphäre ein bisschen. Eltern dürfen und können sich durchaus auch helfen lassen...".
Die Profis kritisierten, dass alle jetzt auf die Kitas setzen, aber die Stunden der Erzieherinnen gekürzt werden. Sie mahnten die Kanzlerin: "Ganz einfach: Geld brauchen wir. Die nötigen Ressourcen für Initiativen im Familienbereich fehlen."
Die Kanzlerin merkte ihrerseits an, dass der Familienhilfebereich oft nur „als Reparaturbetrieb" wahrgenommen wird und in der gesellschaftlichen Anerkennung zu sehr im Schatten steht. Auch hätten wir für unsere Gehaltsstrukturen gar keine richtigen Maßstäbe - und wundert sich dann, „...dass im Erzieherbereich fast nur Frauen arbeiten. Wobei hier heute auch erfreulich viele Männer dabei sind..."
Als Schirmherrin etlicher Organisationen habe sie "ein Knistern" vernommen, weshalb sie mal nachfragen wolle: "Gibt es Spannungen im Streit um Ressourcen und zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen oder bilde ich mir das nur ein?" Nach allgemeinem Seufzen kam die Antwort prompt: "In unserem Bereich gibt es jedenfalls nicht zu viel Geld. Natürlich gibt es Spannungen, wenn mit jeder Finanzierungsrunde die Existenzfrage ansteht und alle um immer knappe Ressourcen kämpfen müssen."
In ihrer Rede sprach Angela Merkel auch "das verminte Gelände der Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen" an. Das sei ein Grund, warum sie als Bundeskanzlerin zwar ständig Grundsteine für Bundesinvestitionen in allen möglichen Bereichen lege, aber nie eine Schule besuchen dürfe. "Insofern ist diese Einladung auch ein Stück Durchbruch von Barrieren,"sagte sie. "Wir beschäftigen uns oft nur mit dem, was nicht klappt und zu wenig mit dem, was gut klappt. Was Sie klappend machen, die Familien-Profis, die Millionen Menschen helfen und stärken. Vielen Dank für Ihre Arbeit, die Sie mit so viel Kraft und auch noch Leidenschaft machen", sagte die Kanzlerin.