Weiter zunehmende massive Proteste gegen "Steffens-Broschüre"
Gemeinsam mit allen anderen Wohlfahrtsverbänden weigert sich die Arbeiterwohlfahrt eine Broschüre aus dem Hause von Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, zum Thema „Neue Berechnung der Pflegekosten in Nordrhein-Westfalen – Was Sie jetzt wissen müssen“ in den Pflegeheimen verteilen zu lassen.
Der Protest geht über die reine Symbolkraft hinaus: Denn seit Monaten streiten die Wohlfahrtsverbände mit der Ministerin über die Ausgestaltung des Altenpflegegesetzes NRW.
Die Umsetzung des von der Ministerin entworfenen Konstruktes zur Berechnung der Investitionskosten ist auch - nach zwei Jahren zeitlicher Verschiebung - selbst zum 1. Januar 2017 völlig unrealistisch und ungewiss. Gewiss ist jedoch, dass das Ministerium ein Bürokratiemonster erschaffen hat, dass bereits mehrere Millionen EURO verschlungen hat und immense Folgekosten verursacht.
In besagter Broschüre wird der Eindruck vermittelt, als hätten sich die Wohlfahrtsverbände bislang Vorteile aus der Berechnung der Investitionskosten verschafft. „Damit werden die Tatsachen in ihr Gegenteil verkehrt. Das Steffens–Ministerium bringt die Pflegheimträger in eine Schieflage und stellt sie jetzt sogar noch in ein falsches Licht“, sagt der Geschäftsführer des AWO-Bezirksverbandes Mittelrhein, gegenwärtig auch Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. „Broschüren-Formulierungen wie, mutmaßliche Kosten der Heimträger“, ungerechtfertigte Kosten“ oder fehlende Transparenz“ bringen Träger in Misskredit und drohen die Zusammenarbeit zwischen Wohlfahrtsverbänden und Land nachhaltig zu belasten. Unredlich ist ebenfalls, den Bewohnern weitere Kosten zu verschweigen. Gesetzliche Risikoabsicherungen sind in der Folge über die Entgelte für Pflege, Unterkunft und Verpflegung zu erheben.
Mit Marketing-Tricks wolle Ministerin Steffens ganz offenkundig von der massiven Kritik und den grundsätzlichen Webfehlern ihres eigenen Gesetzes ablenken. Dessen Regelungen sind so komplex und aufwändig, dass die für die Umsetzung zuständigen Landschaftsverbände bereits eine Verschiebung auf den 1. Januar 2018 empfehlen. Sie schließen sich damit einer bereits vor Monaten aufgestellten Forderung aller kommunalen, privaten und in Wohlfahrtsverbänden organisierten Heimträger an.
Sollte Steffens Gesetz tatsächlich zur Jahreswende 2016/17 in Kraft treten, dürften die Bewohner von Pflegeeinrichtungen tatsächlich jeden Monat entweder zu viel oder zu wenig an ihren Heimträger zahlen. Rückzahlungen und Nachforderungen würden die Abrechnung erheblich erschweren und für Unsicherheit sorgen. Ursache dafür ist die Berechnung der Investitionskostenanteile, bei der die bei der Eröffnung eines Pflegeheims gegebenen finanziellen Bedingungen wie Herstellungs- und Anschaffungskosten rückwirkend zugrunde gelegt werden sollen. „Das ist völlig realitätsfern, weil viele Einrichtungen bereits Jahrzehnte alt sind“, so Andreas Johnsen. Er fordert die Ministerin auf, das Gesetz zurückzunehmen und grundlegend zu überarbeiten – statt mit Broschüren Stimmung zu Lasten der Heimträger und ihrer Bewohner zu machen. Gleichzeitig appelliert er an die Landespolitik insgesamt, sich nicht länger den berechtigten Sorgen der Wohlfahrtsverbände im Bereich der Altenpflege zu verschließen.