Dortmund. Die Arbeiterwohlfahrt hat die Gesellschaft seit ihrer Gründung vor 90 Jahren menschlicher gemacht. „Die AWO hilft den Schwachen, stark zu werden“, brachte es Wilhelm Schmidt, Vorsitzender des Präsidiums im Bundesverband, auf den Punkt. Genau das war die Absicht von Marie Juchacz, als sie am 13. Dezember 1919 den Wohlfahrtsverband aus der Taufe hob.
Es war ein Fest der Superlative, das der AWO-Bezirk Westliches Westfalen in Dortmund zwei Tage lang (21./22. August) auf die Beine gestellt hatte. Der Erfolg lässt alle strahlen: Die AWO ist stolz, mehr als 100.000 Besucher in die Dortmunder City gezogen zu haben. Bodo Champignon, Vorsitzender des Bezirks Westliches Westfalen: „Wir wussten, dass es ein großes Fest wird, aber von dieser Resonanz sind wir wirklich überwältigt. Die AWO aus ganz Deutschland, von Schleswig-Holstein bis Bayern und vom Saarland bis nach Sachsen ist nach Dortmund gekommen. Gemeinsam haben wir gezeigt wie vielfältig und leistungsstark unser Verband heute ist.“
Auch andere Zahlen sind beeindruckend: 50.000 AWO-Mitglieder und Mitarbeiter der AWO aus ganz Deutschland sorgten für einen reibungslosen und harmonischen Ablauf.
Ein Jahr Vorbereitung habe es gekostet, berichtet Champignon weiter. Jede Anstrengung hat sich aber gelohnt: Ganz Dortmund war in rote T-Shirts oder Schals getaucht, die City glich einer Zeltstadt mit über 100 Ständen. Das war beste Werbung für eine soziale Sache, das ist so schnell nicht zu toppen. Wolfgang Altenbernd, Geschäftsführer des Bezirks Westliches Westfalen: „Ein solches Fest lebt von den Menschen die es gestalten. Mehr als 500 ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter waren am Freitag und Samstag im Einsatz. Am Infostand, am Kochtopf und Grill, als Fahrer oder Aufbauhelfer. Ihnen allen möchte ich ganz herzlich für ihren Einsatz danken.“
Begonnen hatte der Geburtstag mit einem Festmahl am Freitag für 300 geladene Gäste im Dortmunder Rathaus. Der gesamte Bundesausschuss der AWO, der Bezirksausschuss, Kooperationspartner und Politiker feierten bei Pfefferpotthast. Parallel dazu zog es die Bürger schon in die Zelte. Hier gab es Informationen über die soziale Arbeit und Vielfalt der AWO. Gleichzeitig wurde den Besuchern Musik, Spiele und Unterhaltung geboten. Und das nicht zu knapp. Publikumsmagneten wie das Ensemble vom Geierabend - das ist das Ruhrgebietskabarett mit Biss - und das Rock Orchester Ruhrgebiet rockten die Bühne an der Reinoldikirche. Und die Resonanz? Jeweils 5.000 Zuhörer unterhielten sich bei ihren Auftritten vorzüglich.
Für positiven Wirbel sorgte auch Politprominenz: Bodo Champignon: „Wir freuen uns, das mit Franz Müntefering, Frank-Walter Steinmeier und Hannelore Kraft prominente Sozialdemokraten zu uns gekommen sind. Nicht weil Wahlkampf ist, sondern weil alle drei auch AWO Mitglieder sind und mit uns gemeinsam für den Erhalt des Sozialen in unserer Gesellschaft stehen.“ Lange, bevor klar war, wann Kommunal- und Bundestagswahl terminiert werden, hatten „Münte“ und Steinmeier bereits zugesagt. Der SPD-Parteivorsitzende und der Bundesaußenminister unterhielten sich und andere prächtig, ohne den ernsten Hintergrund zu vergessen: „Es geht nicht nur um Hilfe. Es geht darum, sie richtig zu organisieren“, lobte SPD-Chef Franz Müntefering das unermüdliche Engagement der AWO. 8.000 Menschen hörten ihm zu, bei Frank Walter Steinmeier waren es sogar 10.000. Hannelore Kraft, Landesvorsitzende der SPD, war unter ihnen. Sie nahm sich ausgiebig Zeit für einen Rundgang durch die Zeltstadt. Kraft besuchte auch die Ausstellung „90 Stühle – für eine Gesellschaft, in der alle Platz finden.“ Die Kunstwerke, über 150 sind es geworden, werden am 4. Dezember 2009 im Freizeitzentrum West in Dortmund versteigert. Der AWO-Unterbezirk Dortmund hatte bekanntlich in einer bundesweiten Aktion Gruppen, Institutionen, Einzelpersonen und Prominente aufgefordert, einen Stuhl für das Hilfsprojekt „Tischlein deck dich“ zu gestalten. Der Erlös aus der Versteigerung fließt direkt dahin. Wer einen Stuhl ersteigert hat, erwirbt automatisch eine Einladung an einer gedeckten Tafel auf der stillgelegten Autobahn A 40 am 18. Juli 2010, wenn das Revier Kulturhauptstadt ist.
Drei Dinge machen die AWO so lebendig und zukunftsorientiert. Wolfgang Altenbernd: „Wir haben engagierte Mitglieder, wir bieten soziale Dienstleistungen auf hohem Niveau und wir positionieren uns zu den soziale Fragen unserer Zeit. Dieser Dreiklang macht die AWO zu etwas Besonderem und prägte auch das Fest hier in Dortmund.“ Die anhaltende Wirtschaftskrise, die Finanzmisere und die soziale Schieflage in unserem Land machen die Arbeiterwohlfahrt unverzichtbar. Und warum engagiert sich die AWO so unermüdlich seit 90 Jahren? „Keiner soll sich bücken müssen, um Hilfe zu bekommen.“ Das ist ein Zitat von Franz Müntefering. Und dem ist nichts hinzu zu fügen.
Von Carl Funkel