AWO wählt Vorsitzenden Bodo Champignon wieder: 95 Prozent!

23.05.2008

Bezirkskonferenz Westliches Westfalen fordert eine Reform der Pflegeversicherung / Minister Karl-Josef Laumann und Franz Müntefering als Gastredner in Castrop-Rauxel

Die Bezirkskonferenz der Arbeiterwohlfahrt Westliches Westfalen hält eine Reform der Pflegeversicherung für unumgänglich. Sie müsse bei den ambulanten, teilstationären und stationären Angeboten mehr auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht nehmen, forderten rund 260 Delegierte in der Castrop-Rauxeler Europahalle.  „Die demografische Entwicklung in Deutschland wird immer noch oft als Bedrohung und als Kostenfaktor gesehen!“ warnte die Arbeiterwohlfahrt in ihrer Resolution. Gefordert wurde eine deutliche Verbesserung der Angebote für pflege- und hilfsbedürftige Ältere.

Eine Forderung, die bei Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann auf fruchtbaren Boden fiel. Er appellierte in seiner Gastrede ebenfalls, den demografischen Wandel nicht nur als Herausforderung für die Rentenkassen zu begreifen, sondern auch die damit verbundenen Chancen zu erkennen und zu nutzen – etwa in der Arbeitswelt, wo auch immer mehr Ältere wieder eine Chance bekämen. Unter anderem ging der Minister auch auf das neue Heimrecht für Nordrhein-Westfalen ein: „Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt, und da müssen wir besonders die Schwächsten im Blick haben. Mit unserem ‚Wohn- und Teilhabegesetz’ wollen wir die Bewohner der Behinderten- und Altenpflegeeinrichtungen nicht nur schützen, sondern ihnen auch weitestgehend ermöglichen, so zu leben wie ‚zu Hause’. Sie sollen dort möglichst selbstbestimmt ihren Alltag gestalten und ihre Individualität leben können.“

Diese Forderung hatte schon am Vormittag der frühere Vizekanzler und Arbeitsminister Franz Müntefering erhoben. „Wir leben länger, wir werden relativ gesund alt und wir haben weniger Kinder als Generationen vor uns!“ stellte Müntefering fest und forderte: „Die Menschen sollen ihr alt werden selber gestalten können. Dafür benötigen wir aber mehr Wohnungen, die altersgerecht gestaltet sind, und wir benötigen auch mehr Netzwerke von Menschen, die dreimal am Tag oder auch nur dreimal die Woche zur Verfügung stehen!“
Auch gebe es „verdammt viele alte Menschen in unserem Land, die einsam sind. Das muss uns beschäftigen, da müssen wir etwas tun!“ Man müsse mehr darüber nachdenken, wie man das Altwerden in vernünftige Bahnen bringe, so der ehemalige Vizekanzler, und fügte in Richtung AWO-Bundeskonferenz hinzu: „Aber das könnt Ihr besser als ich!“

Die AWO-Bezirkskonferenz hatte alle politischen Mandatsträger auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene aufgefordert, ihre Entscheidungen und Anstrengungen auszurichten darauf, Arbeit gerecht zu gestalten, Kindern eine Zukunft zu geben und Senioren ein Leben in Würde zu ermöglichen. Arbeit sei die Existenzgrundlage für die überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland. Arbeit verlange eine gute Ausbildung und müsse die Existenz sichern. Daher müssten das Schaffen von genügend Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie  das Zahlen von tariflichen Löhnen für die Unternehmen attraktiver gemacht werden als die Ausschüttung von hohen Gewinnen. Die AWO Westliches Westfalen sprach sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich für die Einführung von existenzsichernden Mindestlöhnen aus.
Der Geschäftsführer des AWO-Bundesverbandes, Rainer Brückers, forderte in seinem Grußwort ganz ausdrücklich Mindestlöhne für die Pflegeberufe. Auch diese Forderung wurde von Franz Müntefering aufgegriffen: „Wir müssen in der Pflege sorgsam mit dem Geld umgehen, keine Frage. Aber: Es muss auch genügend Geld da sein! Diese Forderung nach einem Mindestlohn in der Pflege ist wieder ein Stück AWO, das mir wichtig ist!“

Um Kindern gleiche Bildungs- und Lebenschancen zu geben, forderte die Bezirkskonferenz, dass der Besuch von Kindertageseinrichtungen, die Schulausbildung und das Erststudium kostenfrei sein müsse. Dazu zähle auch ein kostenfreier Mittagstisch bei allen Kindertageseinrichtungen und Ganztagsschulen. Bildung und Betreuung in Tageseinrichtungen und Schulen müssten die Vereinbarkeit von Schule und Beruf garantieren.

Scharf wandte sich die Arbeiterwohlfahrt gegen den im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz geplanten Aufbau von Pflegestützpunkten. Die Gesamtkosten dieses Netzes von immerhin 1,5 Milliarden Euro würden in Strukturen und Verwaltung investiert, anstatt in eine bedarfsgerechten Leistungsgestaltung für pflegebedürftige Menschen. Zudem lasse dieses Vorhaben die seit Beginn der Pflegeversicherung bereits entwickelten Beratungs- und Begleitstrukturen auf örtlicher Ebene völlig außer Acht.

Einen Superlativ konnte Bezirksgeschäftsführer Wolfgang Altenbernd verkünden: „Wir sind stolz, dass wir im Bereich der Offenen Ganztagesschulen der größte Anbieter in Nordrhein-Westfalen geworden sind!“ Dieses Angebot sei eine große Hilfe für Frauen, die arbeiten und dabei ihr Kind „vernünftig betreut wissen wollen!“

Arbeitsminister Karl-Josef Laumann gratulierte dem Vorsitzenden des AWO-Bezirks Westliches Westfalen, Bodo Champignon zu seinem hervorragenden Wahlergebnis: Champignon erhielt 95 Prozent der Delegiertenstimmen.

Bezirksgeschäftsführer Wolfgang Altenbernd (links) gratuliert Bodo Champignon zur Wiederwahl

Bezirksgeschäftsführer Wolfgang Altenbernd (links) gratuliert
Bodo Champignon zur Wiederwahl

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