Die AWO fragt, Hannelore Kraft antwortet!

24.03.2010

Die AWO hat mit Blick auf die Landtagswahl Forderungen an die politisch Verantwortlichen formuliert und hierzu ein Gespräch mit Hannelore Kraft, der Vorsitzenden der SPD Fraktion, geführt. Lesen Sie im Folgenden wesentliche Auszüge aus diesem Interview.

Sie wollen am 9. Mai die erste Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen werden. Gerade das Thema Bildung spielt im Landtagswahlkampf eine zentrale Rolle. Was wollen Sie hier verändern?

Wir wollen ein gerechtes Bildungssystem, das Aufstieg durch Bildung wieder möglich macht. Wir dürfen kein Kind mehr zurücklassen! Damit Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist, sorgen wir für gebührenfreie Bildung - von der Kita bis zur Uni. Mehr Durchlässigkeit im Schulsystem erreichen wir durch längeres gemeinsames Lernen in der Gemeinschaftsschule. Wir wollen nicht mehr, dass Kinder bereits mit neun Jahren in Schubladen gesteckt werden. Derzeit kommt auf neun Absteiger im Bildungssystem nur ein Aufsteiger. Das wollen wir ändern. Wir brauchen mehr und bessere Schulabschlüsse.

Was tun Sie für die Betreuung unserer Kleinsten?

Gute Bildung beginnt früh. Wir werden die Städte und Gemeinden beim bedarfsgerechten Ausbau der Betreuung von unter Dreijährigen unterstützen. Wir werden hochwertige Angebote schaffen, in denen jedes Kind individuell gefördert wird. In den Kindertageseinrichtungen sollen auch Erziehungsberatung mit Angeboten zur Familienhilfe und Gesundheitsvorsorge verbunden werden. Und wir wollen, dass der Besuch der Kindertagesstätte schrittweise für alle Kinder gebührenfrei wird. Ich bin überzeugt: Wenn wir mehr in Betreuung und Bildung investieren, nutzt dies Kindern und Eltern wesentlich mehr als ein Betreuungsgeld.

Derzeit wird in der Politik heftig über das Gesundheitssystem diskutiert. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler möchte die Kopfpauschale einführen. Was halten Sie von diesem Plan?

Wir wollen unser solidarisches Gesundheitssystem, in dem die Kosten für Gesundheit gerecht auf alle Schultern verteilt werden. Deshalb sagen wir nein zur Kopfpauschale. Sie ist ungerecht, weil sie unabhängig vom Einkommen erhoben wird. Und die Kopfpauschale führt dazu, dass gute medizinische Leistungen nur noch über private Zusatzversicherungen zu bekommen sind. Vielen Menschen mit Vorerkrankungen oder chronisch Kranken wird so der Zugang zu wichtigen Leistungen verbaut. Das lassen wir nicht zu. Wenn wir die Landtagswahl am 9. Mai gewinnen, werden wir über eine Bundesratsinitiative dafür sorgen, dass die Kopfpauschale nicht umgesetzt wird.

Wie stellen Sie sich ein zukunfts- und leistungsfähiges Gesundheitssystem vor?

Unser Ziel ist eine sichere, bezahlbare und zuverlässige Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Niemand darf eine erforderliche Behandlung oder Pflege versagt bleiben, weil er die entstehenden Kosten nicht tragen kann. Wir stehen für ein solidarisches Gesundheitswesen. Die gesetzliche Krankenversicherung ist dafür die tragende Säule. Wir streben zunächst die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Beiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer an und wir wollen die gesetzliche Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiter entwickeln. Wir stellen uns konsequent auf die Seite der Patientinnen und Patienten und werden alles tun, um den Auswuchs der Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es, Prävention und Gesundheitsförderung zu stärken.

Wir befinden uns mitten im so genannten demografischen Wandel. Wie gehen Sie damit um, dass die Bevölkerung immer älter wird?

Der demografische Wandel birgt für die Zukunftsperspektiven Nordrhein-Westfalens Risiken und Chancen. Grundsätzlich gilt: Nicht das Altern und der Rückgang der Bevölkerung sind die Probleme. Es kommt darauf an, die ökonomischen, sozialen und politischen Voraussetzungen zu schaffen, um diese Umbrüche erfolgreich zu gestalten. Wir werden den demografischen Wandel sozial gerecht gestalten. Dabei ist für uns zentral, dass die Menschenwürde in jeder Lebensphase gewahrt wird und es keine Diskriminierung wegen des Alters gibt. Seniorinnen und Senioren müssen möglichst lange selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Dafür ist soziale Sicherheit im Alter die Basis.

Mehr ältere Menschen in einer Gesellschaft bedeuten aber auch, dass es mehr Betreuung und Pflege geben muss ...

Das ist richtig. Bei vielen Älteren ergibt sich nach einem langen und gesunden Leben möglicherweise eine letzte Lebensphase, in der Versorgung und Betreuung wichtiger werden. Sozialdemokratische Politik sorgt dafür, dass es ausreichend Kapazitäten für die Pflege gibt. Dazu gehört, den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers attraktiver zu gestalten und vor allem jene Formen der ambulanten Pflege besonders zu fördern, die ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung oder im familiären Umfeld möglich machen, wie es sich die große Mehrheit der Menschen wünscht. Wir stehen auch zum sozialen Wohnungsbau, damit der altersgerechte Umbau von Wohnungen auch bei Mietwohnungen gelingt.

Hannelore Kraft

Hannelore Kraft, Vorsitzende der SPD Fraktion

Weitere Nachrichten

Meldung vom 22.05.2024
Der AWO Bezirk Westliches Westfalen wendet sich in einem Brief an seine Mitarbeitenden und ruft sie dazu auf, am 9. Juni wählen zu gehen: weiterlesen
Meldung vom 21.05.2024
AWO-Einrichtungen haben Sinnbilder der Solidarität für Geflüchtete weltweit gestaltet weiterlesen
Meldung vom 21.05.2024
Bei der AWO sind wir uns einig: in einem bunten, weltoffenen und demokratischen. Wir appellieren an alle, am 9. Juni wählen zu gehen und die Stimmen zu erheben gegen rechts und für Demokratie. weiterlesen
Meldung vom 15.05.2024
Die Teams in den Kliniken der AW Kur und Erholung engagieren sich tagtäglich in den schönsten deutschen Erholungsgebieten für Menschen in Erziehungs- und Pflegeverantwortung. weiterlesen
Meldung vom 10.05.2024
„Die Mängelliste in der stationären Altenhilfe wird immer länger“ weiterlesen
Meldung vom 08.05.2024
Anlässlich des Europatags am 9. Mai fordert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Europäische Union zu mehr Einsatz bei der Armutsbekämpfung auf. weiterlesen
Meldung vom 01.05.2024
Das Gemaule über das Bürgergeld soll der CDU zu alter Stärke verhelfen. Unermüdlich und mit vereinten Boulevard-Kräften bläst sie zur Attacke gegen das angeblich "arbeitnehmerfressende" Bürgergeld-Monster. weiterlesen
Meldung vom 29.04.2024
Es wird diskutiert, sich ausgetauscht und vor allem viel vorangebracht: In den vergangenen Monaten haben die Kolleg*innen in den Unterarbeitsgruppen (UAG) intensiv an der „AWO Vision 2025“ gearbeitet. weiterlesen
Meldung vom 25.04.2024
Bereits zum dritten Mal hat der AWO Bezirk Westliches Westfalen einen 160-Stunden-Qualifizierungskurs für Quereinsteigende in Kitas durchgeführt. 20 Teilnehmende freuten sich über den Abschluss. weiterlesen
Meldung vom 23.04.2024
Die Zeiten sind herausfordernd: Rechtsruck, Fachkräftemangel und Sparhaushalte auf Bundes- und Landesebene, die den Sozialbereich hart treffen – die AWO im Westlichen Westfalen hat auf ihrer Bezirkskonferenz am 20. April in Gelsenkirchen auf Krisen reagiert und die Segel entsprechend gesetzt. weiterlesen