NRW braucht unabhängige Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren. Doch die Anlaufstellen für Erwerbslose sind gefährdet. Dazu trafen sich 170 Experten mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW in Köln-Deutz, um sich für den Erhalt der 73 Erwerbsberatungsstellen und 79 Arbeitslosenzentren einzusetzen. Was spricht dafür? Der Beratungsbedarf steigt. Trotz positiver Entwicklungen des Arbeitsmarktes in Nordrhein-Westfalen bleibt der Bedarf an unabhängigen Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren weiterhin hoch. Aktuell erhalten 1.138.208 erwerbsfähige Leistungsberechtigte in Nordrhein-Westfalen SGB-II-Leistungen (Stand April 2019). Zudem gibt es immer mehr Menschen, die geringfügig beschäftigt sind oder sich in prekären Arbeitsverhältnissen befinden. Zugewanderte aus einem EU-Mitgliedstaat oder Geflüchtete nehmen ebenfalls verstärkt die Angebote der unabhängigen Stellen in Anspruch.
Die Arbeit der 73 Erwerbslosenberatungsstellen und 79 Arbeitslosenzentren in Nordrhein-Westfalen werden durch das Land NRW gefördert und vom ESF mitfinanziert. Die Bewilligungen laufen mit dem Ende der aktuellen ESF-Förderphase Ende 2020 aus. Eine verlässliche Finanzierung ist für die 152 Beratungsstellen und Zentren auch über 2020 hinaus unerlässlich.
Die Arbeitslosenzentren sind Orte der Begegnung, bieten aber auch die Möglichkeit, soziale Kontakte zu schließen. Im Arbeitslosenzentrum Mönchengladbach etwa gibt es einen Mittagstisch, wo Menschen sich austauschen und über ihre psychosozialen und wirtschaftlichen Belastungen durch Arbeitslosigkeit berichten können. Dies betrifft besonders alleinstehende Langzeitarbeitslose. So üben die Stellen eine Lotsenfunktion aus und fördern soziale Teilhabe.
Unabhängige Erwerbslosenberatung ergänzt das Jobcenter: Ihre Stärken liegen in Beratung zur beruflichen Entwicklung, in Rechtsfragen und als Vermittler im Konfliktfall zwischen Arbeitslosen und dem Jobcenter. „Zu den Beratungsstellen kommen auch Menschen, die aus Angst und Sorge vor Sanktionen fürchten, dass ihnen Leistungen gestrichen werden“, sagt Josef Lüttig, Diözesan-Caritasdirektor im Erzbistum Paderborn und Vorsitzender des Ausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Umso wichtiger ist eine unabhängige Erwerbslosenberatung als niedrigschwellige Anlaufstelle, die erklärt, vermittelt und die Interessen von Menschen, die häufig auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sind, in den Mittelpunkt rückt. Durch die Wahrung dieser Interessen sind die unabhängigen Beratungsstellen Ausdruck und Schutz der demokratischen Werte und fördern die Demokratie im Land.
Für eine verlässliche Finanzierung
Da die Probleme der Langzeitarbeitslosigkeit und prekären Beschäftigung in NRW weiter bestehen und weil die Qualität der Angebote unumstritten ist, setzt sich die Freie Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalen für eine verlässliche Landesfinanzierung der Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren ein. Auch zukünftig müssen ihre Unabhängigkeit und ihre professionelle Arbeit gesichert werden.