Leiharbeit auf Kosten des Sozialstaates

09.03.2023

AWO NRW fordert eine Begrenzung der Leiharbeit in der Sozialen Arbeit

Leiharbeit entwickelt sich in der Pflege, der Eingliederungshilfe und in den Kitas zunehmend zum Problem. Die AWO NRW positioniert sich und fordert von der Bundes- und Landespolitik klare gesetzliche Regelungen zu Rahmenbedingungen und Grenzen für Zeitarbeitsfirmen.

„Wir befinden uns in einer Negativ-Spirale, an deren Ende vor allem die Senior*innen, Klient*innen und Kinder stehen“ stellt Michael Mommer, Geschäftsführer der AWO NRW, fest. „Zeitarbeit in der Sozialen Arbeit muss wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden, sonst kollabiert das System.“

Leiharbeitsfirmen gleichen Personalengpässe aus. Was als arbeitsmarktpolitisch gelungenes Instrument begann, entwickelt sich in der Zeit des Fachkraftmangels zum Problem.

Für eine bei der AWO in NRW festangestellte Pflegefachkraft fielen gemäß Tarifvertrag AWO NRW im Jahr 2022 durchschnittliche Personalkosten in Höhe von ca. 62.500 Euro an. Musste diese Pflegefachkraft bei einer Zeitarbeitsfirma eingekauft werden, entstanden dadurch Kosten für den Träger in Höhe von ca. 106.000 Euro. Eine Differenz von gut 40.500 Euro zugunsten der Zeitarbeitsfirma – bezahlt aus öffentlichen Geldern von Bund und Land sowie den Pflege- und Krankenkassen und aus Trägermitteln. Für Leiharbeitende in der Eingliederungshilfe fallen die Mehrkosten für Fremddienstleister bisweilen sogar um 260 Prozent höher aus als für das eigene Personal. Der Gewinn für die Zeitarbeitsfirma ist gleichzeitig ein Verlustgeschäft für die Träger der Angebote, denn die Mehrkosten einer Leiharbeitskraft werden bei der Refinanzierung nicht anerkannt. Geld, das den Trägern der Wohlfahrtspflege fehlt, um ihre Angebote bereitzustellen und qualitativ und quantitativ weiterzuentwickeln. Für Mommer ist das ein Unding. „Durch die überhöhten Kosten der Leiharbeit fließt „gemeinnütziges Geld“, das den Menschen in den Einrichtungen und den KITA-Kindern zugutekommen müsste, in den privatkapitalistischen Markt, es dient nicht der Allgemeinheit sondern lediglich der Gewinnmaximierung gewerblicher Unternehmen“.

Auch beim Wettbewerb um Fachkräfte haben die freien Träger im Vergleich mit Zeitarbeitsfirmen oft das Nachsehen. Aufgrund der genannten Überschüsse konkurrieren diese mit Boni und selbstbestimmteren Arbeitszeiten. Doch damit ist keine Pflege, Bildung und Eingliederung zu machen. Während Leiharbeitsfirmen ihren Mitarbeitenden attraktive Arbeitszeiten ermöglichen, müssen die anstrengenden, familiär wenig kompatiblen Randzeiten wie Nacht- und Wochenenddienste weitestgehend vom Stammpersonal der Träger gestemmt werden.

Während die soziale Arbeit unter einer zu unzureichenden Finanzierung durch die öffentliche Hand leidet, wird so mit öffentlichen Mitteln ein Markt finanziert, der rein kapitalistisch funktioniert. Der AWO Landesgeschäftsführer appelliert: „Die AWO in NRW würde ihren Beschäftigten nur zu gerne die gleichen Arbeitsbedingungen bieten und die gleichen Benefits offerieren, wie Zeitarbeitsfirmen dies tun. Dafür fehlen ihr, wie den anderen freien Trägern, aber die finanziellen Mittel. Wir fordern von der Bundes- und Landespolitik Maßnahmen gegen den akuten Fachkraftmangel, eine Ausweitung der Ausbildungsmöglichkeiten in den Pflegschulen und Berufskollegs und eine Ausbildungsumlage für Zeitarbeitsfirmen in der sozialen Arbeit. Wir fordern klare Regeln zur Begrenzung der Leiharbeit in der öffentlichen Daseinsfürsorge und eine bessere Finanzierung der sozialen Arbeit durch die öffentliche Hand, um Mitarbeitenden das bieten zu können, was Sie für ihre Arbeit verdienen.“

Das gesamte Positionspaper der AWO NRW zum Thema Leiharbeit finden Sie hier: Positionspapier als PDF

Weitere Nachrichten

Meldung vom 26.03.2024
Politiker*innen, Menschen aus den AWO-Seniorenzentren und Vertreter*innen des Bezirksverbandes Westliches Westfalen haben gemeinsam gegen rechts protestiert. Vor dem Landtag in Düsseldorf bildeten sie eine Menschenkette. weiterlesen
Meldung vom 26.03.2024
Am Internationalen Tag gegen Rassismus haben sich sie AWO-Seniorenzentren einiges einfallen lassen, um zu protestieren. weiterlesen
Meldung vom 19.03.2024
Am Tag gegen Rassismus (21. März) setzen AWO-Seniorenzentren und Pflegeschulen mit Politiker*innen ein Zeichen gegen rechts weiterlesen
Meldung vom 15.03.2024
AWO NRW fordert gesetzliche Mindeststandards für die OGS von der Landesregierung. weiterlesen
Meldung vom 01.03.2024
AWO Bezirk Westliches Westfalen startet ins Veranstaltungsjahre „WANTED: Fachkräfte“ weiterlesen
Meldung vom 01.03.2024
Die Mehrheit zieht zu Tausenden durch die Städte, um gegen die Deportations-Fantasien der faschistischen Flachdenker zu protestieren. weiterlesen
Meldung vom 13.02.2024
Am 7. Februar fand die Fachtagung der AWO NRW zum Thema Kinder- und Jugendschutz unter dem Motto „Nachhaltige und partizipative Konzepte in der Kinder- und Jugendarbeit - Nur gemeinsam gelingt es!" statt. weiterlesen
Meldung vom 12.02.2024
Die Seniorenzentren der Arbeiterwohlfahrt haben im Jahr 2023 über 80 langjährig in der Pflege beschäftigten Hilfskräfte zu dringend benötigten Pflegefachassistentinnen und Pflegefachassistenten qualifiziert. weiterlesen
Meldung vom 07.02.2024
Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt im parlamentarischen Verfahren zurückgenommene Kürzungen, übt aber auch klare Kritik am neuen Haushaltsplan. weiterlesen
Meldung vom 05.02.2024
Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte für die in den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigte Menschen sind in der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) geregelt. weiterlesen