AWO fordert krisensicheres Entgeltsystem für Werkstätten für behinderte Menschen

20.04.2021

Auf sinkende Auftragslagen folgen Gehaltskürzungen / Beschäftigte geraten zunehmend in finanzielle Not

Die AWO NRW fordert ein auskömmliches und zukunftsfähiges Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen, die in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten. „Die Bezahlung darf nicht mehr von der Auftragslage abhängen. Wir benötigen umgehend ein krisensicheres Entgeltsystem, damit die Werkstätten bestehen bleiben und den Menschen weiterhin Teilhabe ermöglichen“, so Uwe Hildebrandt, Geschäftsführer der AWO NRW.

Die Corona-Pandemie verschärft die Fragilität des Entgeltsystems und damit die dringende, zeitnahe Notwendigkeit der grundlegenden Überarbeitung. Ängste der Beschäftigten, Betretungsverbote durch das Ministerium, Schließungen aufgrund von erhöhtem Infektionsgeschehen und sinkende Auftragslagen führen dazu, dass das Entgelt der Beschäftigten bereits im Jahr 2020 gekürzt werden musste. Die Ertragsschwankungsrücklagen der Werkstätten reichen mittlerweile nicht mehr aus, um die Einnahmeausfälle zu kompensieren.

Das aktuelle System in Werkstätten sieht vor, dass die Entgelte der Beschäftigten aus dem Arbeitsergebnis bzw. Ertragsschwankungsrücklagen finanziert werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass Schwankungen der Auftragslage immer direkten Einfluss auf das Entgelt der Beschäftigten nehmen. NRW ermöglicht als einziges Bundesland auch Menschen mit Schwerst-Mehrfachbehinderungen ein sinnvolles Teilhabeangebot innerhalb der Werkstätten. Sie erhalten ebenfalls ein Entgelt, unabhängig von der individuellen Leistungsfähigkeit.

Viele Beschäftigte müssen neben dem Entgelt Grundsicherungsanträge stellen, da das Geld nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt sicherzustellen. Seit Jahrzehnten fordern die Beschäftigten der Werkstätten ein Einkommen, das es ihnen ermöglicht, ein finanziell unabhängiges Leben zu führen.

Der Deutsche Bundestag hat die Bundesregierung aufgefordert, bis Mitte 2023 eine „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ zu erheben.

„Wir sehen dringenden Handlungsbedarf und fordern die Politiker der Gemeinden, des Landes und des Bundes dazu auf, sich dafür einzusetzen, die Forderungen nach einem neuen, zukunftsfähigen Entgeltsystem der Werkstätten voranzubringen und schnellstmöglich umzusetzen, damit Menschen mit Behinderungen zukünftig ein sicheres Einkommen erhalten und ihnen weiterhin ein Teilhabeangebot am Arbeitsleben ermöglicht werden kann“, so Uwe Hildebrandt.

Mit dem Verzicht des Bundes auf einen Anteil der Ausgleichsabgabe stehen den Inklusionsämtern 4,5 Mio. Euro zur Verfügung, um Entgelteinbußen der Beschäftigten bei Bedarf auszugleichen. Auch bei fristgerechter Beantragung ist bis heute keine Unterstützung an die WfbM erfolgt.

Darüber hinaus greifen Unterstützungen (SodEG und Kurzarbeit) des Bundes aufgrund des besonderen arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses nicht. Auch die Überbrückungshilfen und der Corona-Teilhabe-Fonds des Bundes sind nicht passgenau für das Werkstattangebot und bieten damit ebenfalls keinerlei Unterstützung.

Pressemitteilung als PDF

Weitere Nachrichten

Meldung vom 20.11.2024
Mehr als 60 Vertreter*innen der AWO-Gliederungen und Einrichtungen aus ganz NRW kamen im Dortmunder Jugendgästehaus zusammen, um sich bei einem Fachtag über den Themenbereich Fördermittel zu informieren und auszutauschen. weiterlesen
Meldung vom 11.11.2024
Der Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese war im AWO Landhaus Fernblick in Winterberg zu Gast. Dort informierte er sich über die Umsetzung eines neuen Gesetzes: weiterlesen
Meldung vom 01.11.2024
Dass die Bahn schon lange für Grenzerfahrungen sorgt und sich so mancher Fahrgast wie ein einem zeitverzögerten Paralleluniversum fühlt, ist nicht neu. Aber dass diese Pünktlichkeits-Lotterie ab nächstem Jahr teurer wird, stößt dem Steiger auf. weiterlesen
Meldung vom 31.10.2024
Die AWO und andere Wohlfahrtsverbände in NRW fordern die Landesregierung auf, die Zerschlagung des Landesprogramms „Soziale Beratung von Geflüchteten“ - wie im Haushaltsentwurf 2025 geplant - zu verhindern und Lösungen dafür zu finden,... weiterlesen
Meldung vom 31.10.2024
Herne ist mit Pflegeplätzen überversorgt / Gebäude müsste komplett saniert werden weiterlesen
Meldung vom 25.10.2024
Aufruf zur Demo gegen den Sparhaushalt der NRW-Landesregierung am Mittwoch, 13. November. weiterlesen
Meldung vom 15.10.2024
Der AWO Bundesverband kritisiert das System monetärer Familienförderung in Deutschland als zutiefst sozial ungerecht. weiterlesen
Meldung vom 15.10.2024
Das AWO-Projekt „klimafreundlich pflegen – überall!“ zählt zu den fünf Finalisten in der Kategorie „Umwelt schützen“ des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Gesundheit. weiterlesen
Meldung vom 04.10.2024
Zum Europäischen Tag der pflegenden Angehörigen am 6. Oktober fordert die Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag 2021 vereinbarten Vorhaben zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf endlich umzusetzen. weiterlesen
Meldung vom 01.10.2024
Wahlen in Thüringen und ein fürchterliches Attentat in Solingen haben das Asylrecht in einem Maße umgekrempelt, als habe die AfD die Bundesregierung gehackt. weiterlesen